Verein für Arbeitsrecht e.V.

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Gründungsfestakt am 10. Mai 2023

Rund 160 Vertreter aus Wissenschaft, Justiz, Anwaltschaft, Unternehmen, Verbänden und Gewerkschaften, dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales und der Studierendenschaft feierten am 10. Mai 2023 in einem Festakt an der Universität zu Köln die Gründung des Vereins für Arbeitsrecht. Der Verein hat sich zum Ziel gesetzt, den Austausch zwischen Wissenschaft und Praxis des Arbeitsrechts zu stärken, den arbeitsrechtlichen Nachwuchs zu fördern und die arbeitsrechtliche Forschung an der Kölner Universität zu unterstützen.

 

Nach dem Grußwort des Dekans der rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität zu Köln, Prof. Dr. Bernhard Kempen, hielt der nordrhein-westfälische Justizminister Dr. Benjamin Limbach ein Plädoyer für die juristische Nachwuchsförderung, das Arbeitsrecht und die Arbeitsgerichtsbarkeit. Die Justiz sei darauf angewiesen, dass junge Juristen gut ausgebildet und für die spätere Berufspraxis begeistert würden. Der Minister drückte seine Dankbarkeit dafür aus, dass der Verein für Arbeitsrecht hierzu einen Beitrag leisten wolle.

Prof. Dr. Clemens Höpfner, geschäftsführender Direktor des Instituts für Arbeits- und Wirtschaftsrecht und Vorsitzender des Vereins, stellte in seiner Ansprache heraus, an welche Tradition der Verein für Arbeitsrecht anknüpft. In und um Köln seien von Napoleon die ersten Arbeitsgerichte gegründet worden. In der Wissenschaft schlage spätestens seit Nipperdey das arbeitsrechtliche Herz der Republik. Allerdings stehe das Kölner Arbeitsrecht aufgrund des Wegfall einer arbeitsrechtlichen Professur sowie der bundesweit rückläufigen Studierendenzahlen vor Herausforderungen. Der Verein für Arbeitsrecht wolle dazu beitragen, den Schwerpunktbereich Arbeitsrecht möglichst attraktiv zu gestalten, etwa durch die Einbindung von Praktikern oder Exkursionen zum BAG, EuGH, DJT sowie zu Kanzleien und Verbänden. Dies helfe gerade auch denjenigen Studierenden, die aus finanziell weniger betuchten Familien stammen und die sich solche Fahrten ansonsten nicht leisten könnten. Die neben der Nachwuchsförderung zweite Säule des Vereins betreffe die Förderung der arbeitsrechtlichen Forschung. Auch künftig sollten sämtliche relevanten arbeitsrechtlichen Monographien, Zeitschriften, Kommentare und Handbücher an den Kölner Instituten vorhanden sein und über die Bibliotheken auch der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Drittens werde der Verein eine Gesprächsplattform für die gesamte arbeitsrechtliche Familie in Köln und Umgebung etablieren. Fachvorträge und sonstige Veranstaltungen, die der Verein ausrichten werde, trügen wir zu einem lebendigen Austausch zwischen Wissenschaft und Praxis des Arbeitsrechts in Köln bei.

In dem sich anschließenden Festvortrag über die Bedeutung des Arbeitsrechts in der heutigen Zeit spannte die Präsidentin des Bundesarbeitsgerichts Inken Gallner einen Bogen über die Blockbuster der derzeitigen arbeitsrechtlichen Diskussion. Hierbei gab sie einen lehrreichen Überblick unter anderem zu den offenen Fragen im Urlaubs- und Arbeitszeitrecht sowie zur Entgeltgleichheit. Die Themenauswahl offenbare die Bedeutung des Unionsrechts, der auch in der juristischen Ausbildung an den Universitäten Rechnung getragen werden müsse. Die ausdifferenzierte Gerichtsbarkeit in Deutschland mit einer eigenen Arbeitsgerichtsbarkeit bis hin zur Revisionsinstanz sei hilfreich, einem zunehmend komplexeren Arbeitsrecht Rechnung zu tragen. Wichtig sei zudem ein lebhafter Diskurs zwischen Wissenschaft und Praxis, für das der Verein für Arbeitsrecht ein wunderbares Forum biete.

Die Teilnehmer der von Dr. Jürgen vom Stein, Präsident des LAG Köln und Mitglied im Vorstand des Vereins für Arbeitsrecht, moderierten Podiumsdiskussion griffen die aktuellen Herausforderungen für das Arbeitsrecht aus Perspektive von Unternehmen, Verbänden und der Beratungspraxis auf. Dr. Doris-Maria Schuster, Partnerin und Rechtsanwältin bei Gleiss Lutz, zeigte den Spagat auf, den das Arbeitsrecht aktuell und in Zukunft leisten müsse. Einerseits wollten sich viele Arbeitnehmer nicht mehr ins starre Korsett des bestehenden Arbeitsrechts drängen lassen, etwa hinsichtlich der Arbeitszeiten; andererseits steige durch die Flexibilisierung und Digitalisierung die Gefahr der Selbstausbeutung, vor der Arbeitnehmer geschützt werden müssten. Knut Giesler, Bezirksleiter der IG Metall in Nordrhein-Westfalen, nannte exemplarisch den betriebsverfassungsrechtlichen Betriebsbegriff und die Betriebsratsvergütung als dringend zu bearbeitende Baustellen. Das Verständnis des Betriebsverfassungsgesetzes vom Betrieb werde der heute zunehmenden Zahl von Fremd-Arbeitnehmern und grenzüberschreitender Arbeit nicht gerecht. Giesler kritisierte zudem das Urteil des BGH vom 10.1.2023, wonach während der Zugehörigkeit zum Betriebsrat erworbene Zusatzqualifikationen nicht ausnahmslos bei der hypothetischen Lohnentwicklung des § 37 Abs. 2 BetrVG berücksichtigt werden dürften. Dies mache das Amt des Betriebsrats gerade für intelligente und ambitionierte Arbeitnehmer unattraktiv. Dr. Peter Krasberg, Head of Labor Law & Relations der Evonik Industries AG, betonte, dass für Unternehmen vor allem Rechtssicherheit wichtig sei. Demgegenüber seien viele der momentan verabschiedeten Gesetze derart lückenhaft, dass selbst ausgewiesene Berater keine sichere Auskunft geben könnten. Zudem mache der Gesetzgeber die digitalen Prozesse im Unternehmen unnötig kompliziert, etwa durch das Schriftformerfordernis des Nachweisgesetzes. Insgesamt kam das Podium überein, dass die Bedeutung des Arbeitsrechts in der digitalen Welt nicht schrumpfe, sondern wachse.

Zum Ausklang bei Kölsch und Schnittchen wurde rege von der Gelegenheit zum informellen Austausch Gebrauch gemacht.

Der große Zulauf zur Veranstaltung und die spürbare Begeisterung bei den Teilnehmern zeigen: Der Verein für Arbeitsrecht ist bereits jetzt in der ganzen Breite des Arbeitsrechts in Köln und Umgebung angekommen. Er wird dazu beitragen, dass Köln ein zentraler Standort für das Arbeitsrecht in Deutschland und Europa bleibt.